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Der IT-Vorstoß der Deutschen Börse ist gescheitert – ist das ein Zeichen?

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Heiko Henkes, Arnold Vogt

Die Warnsignale mehren sich. Die Wallstreet und auch die Deutsche Börse sind gebeutelt, Zinsen und Ölpreis liegen am Boden, China schwächelt, Krisengebiete und der damit verbundene Flüchtlingsstrom kostet viel Kraft und lässt Europa auseinanderrücken. Sogar Warren Buffett (drittreichster Mensch mit einem Vermögen von ca. 76 Mrd. US-Dollar) fährt aktuell wieder große Verluste ein. Zuletzt war das 2008 und davor 1999 der Fall. Ist die nächste Systemkrise also schon ist in vollem Gang? Nein, soweit würden wir nicht gehen, aber die Angst geht um, dass die nächste Krise vor der Türe steht. Angst ist zwar bekanntlich kein guter Berater, aber Euphorie ein noch schlechterer. Große Wirtschaftskrisen werden stets durch enorme Euphorie angefacht und entladen sich durch einen plötzlichen Stimmungswandel „in Angst“. Ein bisschen Angst, bewahrt also durchaus vor allzuviel Übertreibung und bildet somit einen guten Schutzschild gegen große Wirtschaftskrisen. Nichtsdestotrotz, es stehen harte Zeiten mit knallharten und blitzschnellen Konsequenzen vor der Tür. Das hat nicht nur mit der aktuellen wirtschaftlichen Lage zu tun, sondern gerade auch mit der zunehmenden Digitalisierung unserer Wirtschaft. Es droht die nächste Welle der Konsolidierung und vor allem Marktbereinigung durch Insolvenzen aufgrund wackliger oder nicht mehr zeitgemäßer Geschäftsmodelle.

Das musste nun auch die Deutsche Börse selbst erfahren. Leider musste man einsehen, dass das Geschäftsmodell der Deutschen Börse Cloud Exchange (DBCE) nicht tragfähig war. Dabei muss man anerkennen, dass die Idee wirklich gut war. Man ging erst im Mai 2015 mit einem transparenten und offenen Cloud-Marktplatz für IaaS-Ressourcen an den Start. Was sind die Gründe für das schnelle Scheitern nach nicht einmal 12 Monaten? Einfach ausgedrückt, ist man am „Henne-Ei-Prinzip“ gescheitert. Ein Marktplatz lebt von Angebot und Nachfrage. Ein großes Angebot entsteht aber nur, wenn es auch eine hohe Nachfrage auf dem Marktplatz gibt. Und umgekehrt entsteht eine hohe Nachfrage nur, wenn es auch ein vielfältiges Angebot gibt. Der DBCE hat es leider an beidem gefehlt. Man hat weder bei den Cloud-Service-Providern noch bei den Cloud-Anwendern ein Momentum entfachen können. Man hätte zumindest auf einer Seite des Marktes erfolgreich sein müssen, damit man dann auch nach und nach die Gegenseite vom Marktplatz überzeugen kann. Wenn man aber beide Seiten nicht erreicht, hat man einfach keine Chance. Da ist es nur logisch und konsequent, frühzeitig die Reißleine zu ziehen. Von unserer Seite gibt es dafür keine Häme, sondern wir ziehen unseren Hut davor. Wir brauchen mehr davon. Wir brauchen bei neuen Geschäftsmodellen genau das Gegenteil vom oben Genannten – etwas mehr Euphorie und etwas weniger Angst. Häufig ist die richtige Balance (von Angst und Euphorie oder schöner ausgedrückt von Vorsicht und Optimismus) entscheidend für Erfolg und Misserfolg. Der Fußballtrainer Otto Rehagel nannte das „kontrollierte Offensive“. Wir brauchen eine „kontrollierte Offensive“ hin zu digitalen Geschäftsmodellen. Vor diesem Hintergrund hat die Deutsche Börse alles richtig gemacht – sie war mutig und hat doch das Risiko begrenzt. Weiter so – die zweite Halbzeit hat erst begonnen!


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